Das Haus als Weg und Platz
Josef Frank
Mit dem Haus „Villa Beer“ hat Josef Frank gemeinsam mit Oskar Wlach von 1929–1930 in Wien eines seiner wichtigsten Werke mit besonderer künstlerischer und kulturgeschichtlicher Bedeutung geschaffen. Friedrich Achleitner, Chronist der österreichischen Architektur-Moderne, nannte es „das wohl bedeutendste Beispiel Wiener Wohnkultur der Zwischenkriegszeit“.
Trotz seiner Größe, des zum Teil offenen Raumkonzeptes und der großen Fenster, die die Räume zum Garten hin öffnen, vermittelt dieses Haus eine einzigartige Wohnlichkeit. Ganz gemäß Franks Auffassung „Ein moderner Wohnraum ist kein Kunstwerk, er wirkt weder auffallend noch effektvoll noch aufregend. Er ist behaglich, ohne dass man sagen kann, warum und je weniger man den Grund angeben kann, desto besser ist es.“ Seine Ideen zum Entwurf eines organisierten Hauses, vom “Haus als Weg und Platz“ und seine Auffassung der Moderne sind in der Villa Beer unmittelbar erlebbar.
Seit 1987 steht die „Villa Beer“ unter Denkmalschutz. Das Haus war bei Übernahme durch die Villa Beer Foundation in wesentlichen Teilen in seinem Originalzustand erhalten, musste aber grundlegend saniert werden.
Geschichte
Im Jahr 1929 beauftragten Julius Beer, Mitinhaber der Berson Kautschukfabrik, und seine Gattin Margarete Josef Frank und Oskar Wlach ein Haus zu entwerfen, das auch den Empfang von Gästen, vor allem im Rahmen musikalischer Soireen, ermöglichen sollte. So gestalteten Frank und Wlach hier ein Haus nach ihren idealen Vorstellungen, in dessen „Herzen“ ein Bösendorfer Flügel seinen Platz fand.
Leider zwangen finanzielle Schwierigkeiten die Beers schon 1932 dazu das Haus und das Grundstück an die finanzierende Versicherungsgesellschaft abzutreten. Bis 1937 hatten sie aber noch das Recht das Haus selbst zu vermieten, um Rückzahlungen zu bedienen. Die Mieter dieser Jahre waren keine Unbekannten und wussten die musikalischen Möglichkeiten des Hauses sicher zu schätzen. Richard Tauber, Jan Kiepura und Martha Eggert, sowie ihr Sekretär Marcel Prawy bewohnten das Haus bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1938.
Schließlich ging der große Garten und das Haus 1936–38 inklusive der von Frank entworfenen bzw. von seiner und Wlachs Firma „Haus und Garten“ produzierten Einrichtung im Zuge eines Versteigerungsverfahrens in den Besitz der Versicherung Allianz und Giselaverein Versicherungs AG über. In den Jahren 1938–41 stand das Haus leer. Die Möbel wurden eingelagert.
1941 kaufte die Familie Pöschmann aus Südböhmen die Villa Beer gemeinsam mit der originalen Einrichtung, die wieder in das Haus gebracht wurde. Nach dem Krieg vermieteten sie die Liegenschaft bis 1952 an die britische Armee. Dadurch wurde auch in den Nachkriegsjahren der Erhalt des Hauses und der Einrichtung bestmöglich gesichert. Im Laufe der Jahre wurde das Haus immer wieder in verschiedene Einheiten geteilt und so fanden bis zu fünf Wohnungen darin Platz. Trotzdem wurde dadurch, bis auf die Errichtung einiger Trennwände und den Einbau von Küchen und Bädern, die Substanz kaum in Mitleidenschaft gezogen.
Bis 2008 blieb die Villa Beer im Besitz der Familie Pöschmann und deren Nachkommen.
2008 erwarb die Dr. Strohmayer Privatstiftung zuerst Teile und schließlich das ganze Haus, um es als Wohnhaus zu nutzen, wobei es dazu nie kommen sollte. Leider wurde in diesen Jahren auch ein großer Teile der Möbel verkauft, deren Verbleib heute nur teilweise nachvollzogen werden kann. Bis 2021 stand die Villa Beer mehr oder weniger leer.
Dr. Strohmayer öffnete in den Jahren des Leerstandes das Haus immer wieder für Führungen und Tage der offenen Türe in Zusammenarbeit mit dem Az W und dem MAK.
2017 wurde die Fassade und das Dach in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt saniert, um weiteren Schaden abzuwenden.
Zahlreiche Versuche das Haus an die Stadt Wien oder das Land Österreich zu verkaufen, um es als Hausmuseum zugänglich zu machen, scheiterten.
2021 eröffnete sich dadurch die Möglichkeit für die Villa Beer Foundation gemeinnützige GmbH das Haus zu erwerben und nun ihre eigene Vision eines Hausmuseums zu verwirklichen.
2024, im Frühjahr, begannen nach dreijährigen Vorarbeiten, die unter anderem detaillierte restauratorische Untersuchungen aller Materialen und Oberflächen beinhalteten, die Sanierungsarbeiten. Nähere Details dazu sind laufend auf unserem Blog zu finden.
Die Sanierungsarbeiten werden bis Ende 2025 beendet sein und wir freuen uns im Frühjahr 2026 erste Gäste im Haus begrüßen zu dürfen.